Erwartungen erfüllen- warum Erwartungen oft zu Leid führen
Erwartungen erfüllen ist oft mit Leid verknüpft. Wir erhoffen uns im Vorfeld eine Reaktion von jemandem, jedoch fällt diese Reaktion aus. So sind wir dann enttäuscht. Ebenfalls enttäuscht es uns, wenn wir Erwartungen von anderen nicht erfüllen, da wir selbst von uns erwarten, diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Zusammenfassung der Podcast Folge
Anderen eine Freude machen zu wollen, ist eine sehr schöne Eigenschaft. Außerdem ist es äußerst positiv, wenn wir uns um das Wohl von anderen kümmern. Schwierig wird es jedoch dann, wenn andere von uns erwarten, dass wir ihnen ständig mit Rat und Tat zur Seite stehen und dann enttäuscht sind, wenn wir es mal nicht können.
Ebenfalls ist es schwierig, selbst von anderen eine gewisse Reaktion zu erwarten. Wenn wir Gefallen nur als Mittel nutzen, um eine erhoffte Geste von anderen zu erhalten. Auch dieses Vorhaben ist meistens mit Enttäuschung verbunden, da andere den Erwartungen nie gerecht werden können.
Auch Eigenerwartungen führen zu Leid. Oft übernehmen wir die Erwartungen von anderen, die sie an uns haben, und erwarten dann selbst von uns, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Hier entsteht großer Druck und es ist schwer, authentisch zu bleiben.
Heißt das jetzt jedoch zwangsläufig, dass wir gar nicht mehr an das Gute in anderen glauben sollten und einfach gar keine Gefallen mehr erwidern sollten? Oder ist es einfach nur eine Frage der Selbstachtung, ob wir Erwartungen überhaupt gerecht werden müssen?
Mach das, was alle machen!
Ich erinnere mich an meine Zeit im Kindergarten, als wäre es erst gestern. Während alle anderen Kinder draußen im Matsch spielten, verbrachte ich die meiste Zeit drin, allein, und sortierte Spielkarten der Farbe nach. Ich habe wenig Wert darauf gelegt, unbedingt mit anderen spielen zu wollen, fand es aber auch nicht störend, wenn andere mal zusammen mit mir sortieren wollten.
Dieses Verhalten bereitete einigen Menschen Sorgen. Ich konnte einem Gespräch lauschen, welches wahrscheinlich nur oberflächlich nebenbei geführt wurde, mein Leben aber folgenschwer beeinflussen sollte.
“Wenn er nicht das macht, was alle machen und mitspielt, wird er niemals Freunde haben”.
Das waren die Worte, die ich deutlich hören konnte. Wahrscheinlich dachte ich immer wieder darüber nach oder hörte diesen Satz in ähnlicher Art und Weise erneut. Jedenfalls entwickelte sich hier eine innere Überzeugung als Glaubenssatz. So resultierte mein Verhalten, um diese Überzeugung zur Realität werden zu lassen: ich muss es anderen Recht machen!
Im Laufe meines Lebens verlor ich mich oft selbst darin, anderen einen Gefallen machen zu wollen. Ich erwartete selbst von mir, immer für andere da zu sein und vergaß mich dabei oft selbst. Es war für mich sogar eine Selbstverständlichkeit, anderen zu helfen. Es war mir auch sehr wichtig, dass andere eine gute Meinung von mir haben.
Natürlich wurde mein Vorhaben auch gerne angenommen. Irgendwann erwartete man sogar von mir, dass ich immer helfen müsse, da ich es jeher immer schon so getan habe. Ich befand mich in einem regelrechten Teufelskreis. Oft war ich auch enttäuscht darüber, wenn meine Gefallen wenig Wertschätzung erhielten oder ich mir eine gänzlich andere Reaktion darauf erhofft habe.
Den Erwartungen nicht gerecht werden
In diesem Beispiel wird klar, dass in diesen Situationen meine Aufmerksamkeit gänzlich nach außen gerichtet war. Durch das ständige Streben, andere Erwartungen erfüllen zu wollen, verliert man oft den Zugang zu sich selbst. Die Energie steckt im Außen fest.
Dadurch entsteht immenser Leistungsdruck. Andere erwarten von uns etwas und wir übernehmen diese Erwartungen. Wenn wir ständig darauf bedacht sind, diesen zu entsprechen, geben wir so Macht ab. Irgendwie fühlt man sich, als würde man gelebt werden und könne gar keine eigenen Entscheidungen treffen.
Was passiert, wenn wir mal nicht den Erwartungen gerecht werden? Dann haben wir wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen. Egal, welche Gründe es dafür geben mag, wir sind von uns selbst enttäuscht. Und enttäuschen somit auch andere, die ja eine gewisse Reaktion von uns erhofft haben. Insofern ist Enttäuschung immer ein Konstrukt, das mit Erwartungen einhergeht.
Wie reagieren wir, wenn wir von jemand anderen etwas erwarten? Geht es ums dabei um die Geste an sich oder wollen wir nur persönliche Anforderungen von uns erfüllen? Leider geht es meistens nicht um das, was von anderen geleistet wird. Angenommen, Du erwartest von deinem Freund ein kleines Geschenk zum Valentinstag. Er schenkt dir einen kleinen Blumenstrauß und zwar ohne, dass Du ihn darum gebeten hast.
Allerdings hast Du dir ein wenig mehr erhofft. Und so bist Du, trotz dieser sehr aufmerksamen Geste, eher enttäuscht und das Geschenk rückt in den Hintergrund.
Weniger fremde Erwartungen erfüllen
Ist es jetzt besser, überhaupt keine Erwartungen zu erfüllen? Immerhin sind die meisten Erwartungen mit Enttäuschungen verbunden. Natürlich wollen wir es möglichst vermeiden, enttäuscht zu sein. Sollten wir dann besser auch nichts mehr von anderen erwarten?
Die meisten Erwartungen sind leider unbegründet und überzogen. Wenn ich von einem Freund etwas erwarte, was für ich selbstverständlich ist, dann wird das diesem Freund leider nicht kommuniziert. Woher soll er denn überhaupt wissen, was ich mir erhoffe? Richtig, ich erwarte, dass er von selbst darauf kommt. Leider kennt er weder meine Gedanken, noch meine Emotionen. Ist es nicht eigentlich sogar unfair, dies vorauszusetzen?
Fest steht, dass andere nicht dafür zuständig sind, deine Erwartungen zu erfüllen. Ferner ist es auch nicht deine Aufgabe, Erwartungen von anderen zu erfüllen. Oft geht es nämlich auch gar nicht um das, was erwartet wird, sondern man möchte das Gefühl haben, dass man von anderen verstanden und respektiert wird. Das heißt aber nicht, dass ich nicht mehr für andere da sein sollte. Ich darf selbst entscheiden, welchen Beitrag ich in der Gesellschaft leisten möchte.
Wenn deine einzige Lebensaufgabe beinhaltet, es anderen Recht machen zu wollen, dann wirst Du sehr oft Enttäuschung erleben. Du kannst es anderen niemals Recht machen, da Du Du bist und nicht jemand anderes. Du kennst nicht die täglichen Gedanken und Gefühle dieser Personen, die aufgrund dessen Erwartungen schüren. Und das ist auch völlig okay. Stell dir mal vor, Du würdest deine Aufmerksamkeit nicht darauf legen, es anderen Recht machen zu wollen, sondern viel mehr darauf, anderen eine Freude zu machen. Und zwar weil Du es möchtest, ohne dass es jemand erwartet.
Es ist nicht deine Aufgabe, einzig und allein den Erwartungen von anderen gerecht zu werden. Du solltest diese Erwartungen auch nicht nehmen und von dir selbst erwarten, dass Du diesen gerecht werden solltest. Mache anderen eine Freude, weil Du es möchtest und nicht, weil es erwartet wird. Ist es nicht viel schöner, wenn dir jemand ein Geschenk macht und es unerwartet kam?
Erwarten ist immer auch mit warten verbunden. Wir warten auf eine Reaktion. Wir warten, dass sich jemand meldet. Wir warten auf Besserung der Umstände. Wenn wir nur reagieren, anstatt agieren, können wir keine eigenen Entscheidungen treffen. Es ist nicht richtig, Erwartungen zu schüren. Du darfst dein Leben selbstbestimmt angehen und hast es nicht nötig, nur auf das Außen zu reagieren.